VanuatuDer Leuchtturm der Südsee
Ich sitze auf einem Aschehügel gegenüber dem Krater des Südseevulkans Yasur und bewundere seine Ausbrüche, bei denen er alle 10-15 Minuten heiße Lava weit über meinen Kopf schleudert. Wie so oft sind es die Nachtstunden, die das Feuerwerk des lebendigen Berges besonders eindrucksvoll erscheinen lassen.
Ich war wirklich lange unterwegs, bis ich endlich den „Leuchtturm der Südsee“, wie James Cook ihn 1774 nannte, sehen durfte. Der glühende Vulkan hatte dem Seefahrer damals den Weg gewiesen. Mein Weg führte mich erst nach Neuseeland, von wo ich mit einem vierstündigen Flug Port Vila, die Hauptstadt des Pazifikstaates auf der Insel Efate erreichte. Und dann ging es am nächsten Tag nochmal mit dem Propellerflugzeug zur Insel Tanna.
Ich fühle mich auf der entlegenen Südseeinsel wie im Paradies. Hier gibt es bis auf wenige Ausnahmen keine Luxushotels, keine Tauchbasen und keinen Südsee-Touristenkitsch. Dafür lange Korallenriffe vor der Küste, weiße, mit Palmen gesäumte Sandstrände, dichte tropische Vegetation und kleine Dörfer.
Die 600 Quadratkilometer große Südseeinsel Tanna ist heute von rund 20 000 Menschen bevölkert. Viele der Einwohner, mit den ich spreche, glauben an übernatürliche Mächte, die am Yasur mit Donner, Rauch und Feuer in Erscheinung treten. Besonders beeindruckt mich der Besuch des Dorfes John Frum. Dessen Bewohner sind Anhänger des Cargo-Kults, einer für mein Verständnis ziemlich ungewöhnlichen Religion. Nach ihren Vorstellungen ist der Vulkan Yasur der Ursprung der Welt. Unter seinen Krater wohne der Sohn Gottes mit Namen John Frum und komme aus Amerika, erklärt mir Chief Isaak. Ich darf am Gottesdienst teilnehmen, höre die Gebete und Gesänge und überlege mir, dass auch unser Christentum auf Geschichten basiert, die denen, die mir die Leute erzählen, an Phantasiereichtum in nichts nachstehen. Nach der Zeremonie spricht mich Isaac nochmals an und fragt mich vorsichtig, was ich von dem Gesehenen halte, ob das nicht irgendwie komisch auf mich wirke. „Nein, warum sollte ich das für skurril halten?“, entgegne ich ihm. „Deine Religion ist genauso viel wert wie meine.“